100-Jahr-Feier

100 Jahre Geschichte im Haus Geschichten der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule. Die Einschusslöcher in der Fassade der Erich-Weinert-Straße 70 zeugen auch nach der Sanierung von der bewegten Geschichte des Schulgebäudes. Der berühmte Berliner Architekt Ludwig Hoffmann (1852-1932) erbaute es in den Jahren 1913/14. Am 1. April 1915 wurde hier die neugegründete „15. Realschule“ eröffnet, die 1920 den Namen „Schinkel-Realschule“ erhielt. Die Erich-Weinert-Straße hieß damals noch Carmen-Sylva-Straße und die Schule stand zwischen Kleingärten und Freiflächen ziemlich alleine in der Straße.

 

 
 
 
 
 
 
Schulgebäude Erich-Weinert-Straße, um 1915
(Fotos: Museum Pankow)

Wer besuchte das Schulgebäude in den letzten 100 Jahren? Welche Lehrer unterrichteten hier und vor allem was? Was passierte von der Kaiserzeit bis heute im „Haus Geschichten“? Diesen und vielen anderen Fragen gingen die Schüler/innen der WvH in einem großen Geschichtsprojekt im Schuljahr 2014/15 nach. Alle Lerngruppen waren beteiligt und altersgemäß thematisch angepasst in das Projekt eingebunden.

Die Lerngruppenleiterin Katja Friedmann und einige Eltern recherchierten nach Zeitzeugen und Dokumenten als Vorbereitung für das Projekt. Durch einen Zeitungsaufruf meldeten sich über 20 ehemalige Schinkelschüler, schickten alte Fotos und Berichte. Die ältesten Zeitzeugen waren Mitte 80 und erlebten die Kriegszeit an der Schule.

  

 

 

 

 

Zeitzeugengespräche in den Lerngruppen im Oktober 2014
(Fotos: Hans-Wilhelm-Saure)

Im Rahmen des hundertjährigen Jubiläums des Schulgebäudes in der Erich-Weinert-Strasse fanden im Oktober 2014 in allen 25 Lerngruppen Besuche von Zeitzeugen statt, die sich auf den Presseaufruf hin gemeldet hatten. Die Besuche dieser ehemaligen Schüler/innen aus ganz verschiedenen Epochen (Kriegszeit, direkte Nachkriegszeit, DDR-Zeit) haben die heutigen WvH-Schüler/innen mit ihren Berichten sehr beeindruckt (Spielen mit Granatsplittern im Schulhof, Klassen mit an die 40 Schülern etc.). Neben Horst Buchholz (1933-2003) ging auch der Schauspieler Ludwig Trepte hier zur Schule und machte mit 16 Jahren seinen Realschulabschluss.

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ausstellungseröffnung im Haus Geschichten am 27.11.2014
(Fotos: Marie Bachmann)

Die WvH-Schüler/innen haben sich intensiv mit der Geschichte des Hauses beschäftigt. Die Ergebnisse wurden im Rahmen der feierlichen Einweihung der sanierten Aula im Haus Geschichten in einer Ausstellung am 27. November 2014 präsentiert. Die Aula erhielt den Namen „Fritz-Wachsner-Saal“ nach dem ehemaligen jüdischen Lehrer Dr. Fritz Wachsner der Schule in den 20er und 30er Jahren, der 1933 aus dem Schuldienst entlassen, deportiert und 1942 mit seiner Frau in Riga ermordet wurde. Zur Einweihung waren auch die Zeitzeugen, Nachkommen sowie einige Repräsentanten aus Bezirk, Senat und dem Jüdischen Museum Berlin eingeladen. Die beteiligten Schüler/innen und Elternvertreter waren bei der Feier auch zugegen. Der Förderverein organisierte für alle Gäste ein „Zeitzeugencafé“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einweihungsfeier Fritz-Wachsner-Saal mit dem Ehrengast Marianne Meyerhoff am 27.11.2014
(Fotos: Peter Müller / Hans-Wilhelm-Saure)

Frau Marianne Meyerhoff, die in den USA lebende Enkelin von Fritz Wachsner, war zur Feierstunde zusammen mit ihrem Mann Joel Steinberger aus den USA angereist. „Es ist, als wäre mein Großvater, der in der Familie der Alte Fritz genannt wurde, wieder unter uns“, sagte Marianne Meyerhoff in einer bewegenden Rede. Im Anschluss an die Feierlichkeiten in der Schule wurde am 27. November 2014 im familiären Rahmen ein Stolperstein für Dr. Fritz Wachsner vor dem Schulgebäude verlegt. Die Enkeltochter Marianne Meyerhoff übergab einen Tag später Dokumente aus dem Nachlass an das Jüdische Museum in Berlin.

 

 

 

 

 

Stolpersteinverlegung mit dem Ehrengast Marianne Meyerhoff am 27.11.2014
(Fotos: Peter Müller)

Die Schüler/innen der Lerngruppe Phönixe haben im Rahmen der 100-Jahr-Feier eine umfassende Radio-Dokumentation zum Namensgeber des Fritz-Wachsner-Saales, zum Festakt der Namesgebung und den Straßenspielen am Nachmittag erstellt. Die Schüler/innen haben auch die Stolpersteinverlegung dokumentiert und ein Interview mit Marianne Meyerhoff durchgeführt.

Zur Einweihung des Fritz-Wachsner-Saales und den Besuch von Frau Marianne Meyerhoff an der WvH gab es eine umfangreiche Medienberichterstattung (Beiträge in: Berliner Zeitung, Bild, Deutsche Welle, Jüdische Allgemeine, Prenzlauer Berg Nachrichten).